Berlin gehört zu den gefragtesten Tourismusstandorten der Welt. 2010 besuchten 9,051 Millionen „Gäste im Beherbergungsgewerbe“ die Hauptstadt; die Zahl hat sich seit 1993 verdreifacht (1993: 2, 985 Mill.). Dabei ist auch der Anteil der ausländischen Gäste unter den Berlin-Besuchern ständig gewachsen: von 23,6 Prozent (1993) auf 36,3 Prozent (2010). Das Berliner „Beherbergungsgewerbe“ zählt 512 Hotels, 95 Pensionen, 10 Gasthöfe, 8 Campingplätze und 151 „sonstige Beherbergungsbetriebe“, zusammen also 776; diese verfügen über 122 735 Betten bei einer durchschnittlichen Bettenauslastung von 56,3 Prozent und einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von 2,3 Tagen (Stand: Juni 2011). Soweit die die Sprache der Statistik.
Was aber ist so anziehend an Berlin? Die Palette der Attraktionen ist breit. Vieles hängt mit den umfangreichen Angeboten in Kunst, Kultur, Sport und Unterhaltung zusammen – aber vieles auch mit der Geschichte Berlins, dem Werden und Wachsen der Metropole, bezeugt von vielen alten und neuen berühmten Bauten wie zum Beispiel diesen:
Wer sich jedoch näher mit den „Berliner Berühmtheiten“ befassen will, stößt bald auf eine große Kalamität. Wie vieles liegen nämlich auch die Anfänge Berlins und seiner ältesten Bauten im Dunkel der Geschichte, worüber in meinen Arbeiten beim Luisenstädtischen Bildungsverein e.V. näheres zu finden ist. Historische Zeugnisse der Stadtwerdung und Stadtgründung sind mehr als rar. Als gesichert gilt, dass die Anfänge der heutigen Metropole in den letzten Jahrzehnten des 12. Jahrhunderts entstanden. 2008 waren bei Ausgrabungen am Schlossplatz Überreste eines Hauses aus dem Jahre 1183 gefunden worden. Berlin als einheitliche Stadt ging aus zwei Siedlungen hervor, die am Mühlendamm beiderseits der Spree entstanden waren und sich zu den mittelalterlichen Kleinstädten „Berlin“ und „Cölln“ entwickelt hatten. Wann und wie das genau geschah, ist nicht belegt. Fast alle schriftlichen Dokumente sind den verheerenden Stadtbränden von 1376, 1380, 1484 und 1581 in Alt-Berlin und Alt-Cölln zum Opfer gefallen. Deshalb wird auch Berlin als „eine Weltstadt ohne Geburtsschein“ (Werner Natzschka, 1971) bezeichnet. Die früheste erhaltene Urkunde, die die Existenz von Cölln belegt, stammt vom 28. Oktober 1237, die auch ein gewisser „Symeon, Pfarrer zu Cöln“ mit unterzeichnet hatte. Von der Existenz des Ortes Berlin wird erstmals in einer erhaltenen Urkunde vom 26. Januar 1244 gesprochen. Die beiden städtischen Gemeinwesen vereinigten sich 1307 zu einer „Union“, aber erst 1432 erfolgte der volle innere Zusammenschluss zur Doppelstadt Berlin/Cölln. Im Laufe der Jahrhunderte kamen neue Siedlungen, von denen einige sogar zu selbständigen Städten geworden waren, sowie etliche Vorstädte durch Eingemeindungen hinzu. Über viele historische Stationen (so 1709, 1841, 1861) vergrößerte sich so das Stadtgebiet enorm, bis schließlich 1920 aus insgesamt 94 Ortsteilen, darunter 8 Stadtgemeinden, 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirke, die neue Stadt Groß-Berlin mit einer Fläche von 87 810 ha und 3,88 Mill. Einwohnern etwa in ihren heutigen Grenzen (89 167 ha/3,46 Mill. Einwohner) entstand. Seit 1920 waren nur noch kleinere Erweiterungen hinzu gekommen, vor allem mit den Ostberliner Bezirksneubildungen Marzahn (1979), Höhenschönhausen (1985) und Hellersdorf (1986).
Vor diesem grob skizzierten historischen Hintergrund wird deutlich: Wer sich gern mit der Stadtentwicklung und Geschichte Berlins beschäftigt, findet nur noch wenige Zeugen der Vergangenheit vor. Ich habe die letzten steinernen Überreste Alt-Berlins im vergangenen Jahrzehnt immer wieder gern aufgesucht und zahlreiche Fotos davon aufgenommen. Einige gestaltete ich auch zu Fotokarten; Daten- und Faktengrundlage der Texte ist mein Buch Lexikon der Berliner Stadtentwicklung, Verlag Haude & Spener, Berlin 2002 mit den dort angegebenen Quellen.
Im folgenden habe ich eine kleine Auswahl zusammengestellt. Sie wird um vier Themenkreise der Berliner Stadtentwicklung gruppiert:
1. Die Überreste des historischen Stadtkerns von Berlin
2. Rund um die City-Ost
3. Rund um die City-West
4. Rund um das neue Regierungsviertel
1. Die Überreste des historischen Stadtkerns von Berlin
Die ältesten noch erhaltenen steinernen Spuren des historischen Stadtkerns von Berlin liegen in der Mitte der Stadt. Es ist dies der Stadtraum um die Ruine der ehemaligen Franziskanerklosterkirche mit den Resten der mittelalterlichen Stadtmauer, die Nikolai- und Marienkirche und die ehemalige Heilig-Geist-Kapelle, die einst zur ältesten kommunalen Einrichtung unter geistlicher Leitung in Berlin gehörte.
Die ersten Fotokarten zeigen die Reste der einst etwa 2,5 km langen mittelalterlichen Stadtmauer. Sie sind heute nur noch im Bereich der Waisenstraße erhalten. Die damals bis zu 2 m dicke und 3 bis 5 m hohe Mauer wurde anfangs aus Feldsteinen gebaut und später mit Ziegeln verstärkt. Der Bau begann etwa um 1250 zum Schutz der Schwesterstädte Ur-Berlin und Ur-Cölln. Der Mauerring umschloss anfangs nur eine Stadtfläche von 70 ha, also nicht einmal einen Quadratkilometer.
Von den Resten der mittelalterlichen Stadtmauer ist es nur einen Steinwurf zur Ruine der ehemaligen Franziskanerklosterkirche an der Klosterstraße. Als Vorgängerbau der heutigen Kirchenruine wird ein Kirchenerstbau vermutet, der um 1250, also etwa zeitgleich mit der Stadtmauer, ebenfalls aus Feldsteinen, als einfacher gestreckter Rechtecksaal vom Bettelorden der Franziskanermönche („Graue Brüder“) errichtet worden war. Um 1290 wurde an gleicher Stelle eine neue Klosterkirche im frühgotischen Stil gebaut, diese etwa 1470 zu einer gotischen Hallenkirche umgebaut und schließlich 1786-88 und 1842-45 nochmals durchgreifend umgestaltet, bis jenes schöne Bauwerk im Februar und April 1945 anglo-amerikanischen Bomben zum Opfer fiel. Die heutige Klosterkirchenruine wurde 1959-61 gesichert.
Unweit der Ruine der Klosterkirche befinden sich zwei bekannte historische Gebäude ganz unterschiedlicher Art: an der Waisenstraße 14-16 die älteste noch betriebene Berliner Gaststätte „Zur letzten Instanz“ und an der Ecke Klosterstraße /Parochialstraße der Überrest der Parochialkirche. Während die Gaststätte bereits vor 1621 entstand, wurde der Kirchenbau 1695-1703, also fast 500 Jahre nach der Stadtgründung, errichtet, gehört also nicht zu den ältesten Bauten im historischen Stadtkern. Aber die Kirche mit ihrem einst imposanten Turm von 60 m Höhe war eines der prägenden Gebäude Alt-Berlins seit dem frühen 18. Jahrhundert. Der Turm wurde im 2. Weltkrieg zerstört; die Kirche brannte aus. Sie wurde zunächst „provisorisch wieder hergestellt“ und wird allmählich wieder aufgebaut.
Anders als die Parochialkirche gehörten zwei Kirchen im historischen Stadtkern seit den Anfängen Berlins dazu: die Nikolaikirche und die Marienkirche. Teile der Nikolaikirche gelten als das älteste erhaltene Bauwerk der Stadt. Die Kirche entstand als Zentrum des Berliner Siedlungskerns, der zusammen mit dem Alt-Cöllner Siedlungskern die „Wiege Berlins“ darstellt. Die Gründung der ältesten Steinkirche, deren Turmbaurest noch im heutigen Westbau erhalten ist, wird um das Jahr 1230 angenommen. Damit handelt es sich um das älteste steinerne Zeugnis Berlins, also mindestens zwei Jahrzehnte älter als die Klosterruine und mittelalterliche Stadtmauer. Die Nikolaikirche wurde noch im Mittelalter stark umgebaut; der heutige Bau existiert in seiner Grundform etwa seit 1470; 1876-79 nochmals umgebaut, erhielt sie dabei auch ihren zweiten Turm. 1938 fand der letzte Gottesdiens in der Nikolaikirche statt. Im 2. Weltkrieg schwer zerstört, wurde die Nikolaikirche 1981-87, zusammen mit dem gesamten „Nikolaiviertel“, als eines der Wahrzeichen Alt-Berlins wieder aufgebaut.
Die Marienkirche ist einige Jahrzehnte jünger als die Nikolaikirche. Sie entstand im Zusammenhang mit der ersten Stadterweiterung Ur-Berlins nach 1247, als auch ein Kirchplatz am „Neuen Markt“ angelegt wurde. Der erste Kirchenbau begann vermutlich um 1260, wurde beim großen Stadtbrand von 1380 zerstört und ab 1391 wieder aufgebaut, wobei sie ihre heutige Gestalt bereits erhielt. Später kamen noch der mächtige Turmbau und 1789/90 der neue Turmhelm von C.G. Langhans sowie die reiche Innenausstattung (u.a. 1703 die barocke Marmorkanzel von A. Schlüter) hinzu. Nach ständigen weiteren An- und Umbauten wurde auch die Marienkirche im 2. Weltkrieg erheblich beschädigt, aber bereits bis 1950 wieder hergestellt und 1969/70 restauriert.
Schließlich gehört noch ein weiteres Gebäude zum historischen Kern von Alt-Berlin, das als einziges mittelalterliches Kirchengebäude – neben der Marienkirche – erhalten geblieben ist: die Kapelle zum Heiligen Geist an der Spandauer Straße. Die Heilig-Geist-Kapelle war einst Teil des Heilig-Geist-Hospitals, der ältesten kommunalen Einrichtung unter geistlicher Leitung in Berlin. Das Hospital war etwa in der Zeit der Errichtung der Marienkirche angelegt worden, also in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Die Kapelle wurde vermutlich einige Zeit später dem Hospital angebaut, erhielt 1476 ein gotisches Sterngewölbe und 1752 die großen Südfenster. Das Hospital verlor nach der Reformation seine Bedeutung, wurde Armenhaus und später abgerissen. An seine Stelle trat der wuchtige Neubau der Handelshochschule, der heute noch mit anderer Nutzung neben der Heilig-Geist-Kapelle existiert.
2. Rund um die City-Ost
Eine Besonderheit der Berliner Stadtentwicklung besteht darin, dass sie – im Unterschied zu anderen europäischen Metropolen – ein Doppel-Zentrum, das heißt zwei räumlich getrennte City-Bereiche, hervorgebracht hat: Die City-Ost und die City-West. Die City-Ost ist jener Teil der Innenstadt, der sich bis Ende des 19. Jahrhunderts aus dem historischen Stadtkern Alt-Berlins heraus entwickelt hatte. Dieser große Stadtraum mit vielen weltbekannten Adressen wie Unter den Linden, Museumsinsel, Friedrichstraße und Alexanderplatz wird im Osten etwa vom Alexanderplatz, im Süden vom Mehringplatz (1815-1947 Belle-Alliance-Platz) , im Westen vom Brandenburger Tor und Leipziger Platz sowie im Norden von der Weidendammer Brücke an der Friedrichstraße eingeschlossen. In diesem Zentrum Alt-Berlins befanden sich einst zentrale Bereiche der Berliner Wirtschaft und Verwaltung, also die großen Handelsbetriebe, das Banken-, Zeitungs-, Konfektions- und Regierungsviertel der Kaiserzeit, Weimarer Republik und Nazideutschlands bis 1945. Im 2. Weltkrieg wurde besonders der City-Bereich Ost schwer zerstört, jedoch ab Mitte der 50er Jahre als Kern der Hauptstadt der DDR teilweise wieder aufgebaut. Nach der Wiedervereinigung Berlins hat dieser City-Bereich durch neue Einrichtungen des Bundes an Bedeutung gewonnen.
Aus der großen Vielzahl bekannter Gebäude im Bereich der City-Ost, beginnend mit dem Alexanderplatz, habe ich einige auf Fotokarten festgehalten.
3. Rund um die City-West
Neben der Stadt Berlin hatten sich auf dem heutigen Berliner Stadtgebiet noch weitere Städte und große Ansiedlungen herausgebildet. Westlich von Alt-Berlin waren das vor allem die Städte Spandau (Stadtrecht seit 1232), Charlottenburg (Stadtrecht seit 1705, allerdings anfangs mit nur ca. 100 Einwohnern), Schöneberg (Stadtrecht seit 1898), Rixdorf (seit 1912 Neukölln, seit 1899 Stadtrecht) und Wilmersdorf (Stadtrecht seit 1906). Mit dem Anwachsen dieser westlichen Stadträume, aber auch der verstärkten Erweiterung des Berliner Stadtgebiets nach Westen über das Brandenburger Tor hinaus („Alter Westen“) sowie der zunehmenden räumlichen Enge der Alt-Berliner City kam es unter der Bezeichnung „Neuer Westen“ zu einer weiteren Zentrumsbildung mit einem neuen großstädtischen Handels- und Gewerbezentrum nebst Wohngebiet. Dessen Schwerpunkt wurde der Stadtraum südlich des Bahnhofs Zoologischer Garten am Breitscheidplatz, Kurfürstendamm und der Tauentzienstraße in den Ortsteilen Charlottenburg, Schöneberg und Tiergarten. 1920 kam auch dieses Territorium zu Groß-Berlin und damit unter einheitliche Berliner Stadtverwaltung. In den „Goldenen 1920er Jahren“ gewann dieses neue Stadtzentrum um den „Kudamm“ und „Zoo“ sowie um den Potsdamer Platz enorm an Bedeutung und wurde zu einer herausragenden Adresse des Berliner Wirtschafts- und Kulturlebens. Die schweren Zerstörungen der historischen City-Ost im 2. Weltkrieg und die Spaltung der Stadt 1948 führten zu einem weiteren Bedeutungszuwachs des westlichen Stadtzentrums. Die neue City-West um den Bahnhof Zoologischer Garten bis zum Wittenbergplatz war entstanden. Sie erlangte unter den Bedingungen des Kalten Krieges und der wirtschaftlichen Förderung durch den Bund und das Land Berlin-West weltstädtisches Gepräge. Der ursprüngliche westliche Zentrumsraum ist wegen der verstärkten innerstädtischen Bebauung als „City-West“ schwierig einzugrenzen. Ursprüngliche City-Randzonen wie das Hansaviertel im Tiergarten und seit der Berliner Wiedervereinigung und auch der Potsdamer Platz wurden/werden zu City-Bestandteilen.
Auch dieser zweite Berliner City-Bereich war im vergangenen Jahrzehnt häufiges Ziel meiner Fotoausflüge. Und auch davon habe ich einiges auf Fotokarten zusammengestellt.
4. Rund um das neue Regierungsviertel
Das neue Berliner Regierungsviertel entstand nach der sog. Hauptstadtentscheidung des Deutschen Bundestages vom 20. Juni 1991. Darin hatte eine knappe Mehrheit von 338 zu 320 Stimmen bei einer Enthaltung und einer ungültigen Stimme beschlossen, den künftigen Sitz von Parlament und Regierung nach Berlin zu verlegen. Der letzte deutsch-deutsche Vertrag über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) vom 31. August 1990 hatte die Entscheidung noch offen gelassen. Damit hatte die „Berliner Republik“ begonnen, und die „Bonner Republik“ war zu Ende gegangen. Weitere Beschlüsse wie der „Hauptstadtvertrag“ zwischen der Bundesregierung und dem Berliner Senat bzw. dem Land Brandenburg vom 25. August 1992, das „Berlin-Bonn-Gesetz“ des Bundestages vom 10. März 1994 und der „Hauptstadtfinanzierungsvertrag“ des Bundeskabinetts vom 14. Januar 1994 gaben den Rahmen einschließlich der Kosten des Umzuges von Regierung und Parlament von Bonn am Rhein nach Berlin an der Spree vor. So sollten die Umzugskosten in einem Zeitraum von 10 Jahren auf 20 Milliarden DM (= 10,23 Milliarden €) begrenzt werden. Die Beschlüsse sahen vor, dass neben Berlin auch Bonn als Verwaltungszentrum erhalten bleibt, indem nur 8 Bundesministerien in Berlin ihren „ersten Dienstsitz“ und die übrigen 6 lediglich „Zweitsitze“ erhalten. Noch 2009 arbeiteten rund 8 730 Beamte in Bonn, 8 930 in Berlin. Zahlreiche „Hauptstadtprojekte“ zur Unterbringung der Bundeseinrichtungen sowie im Infrastrukturbereich (Neubau des Hauptbahnhofs, Straßenbau, Verlängerung der U-Bahn-Linie 5 zum Hauptbahnhof, Wohnungsbau) wurden bzw. werden realisiert, um Berlin wieder zum Sitz von Parlament und Regierung zu machen. Nach dem Umbau des alten Reichstagsgebäudes zwischen 1996 und 1999 begann der Umzug des Deutschen Bundestages offiziell am 1. Juli 1999, Anfang September 1999 nahm der Bundestag seine volle Arbeitsfähigkeit in Berlin auf. Das 1997-2001 erbaute Bundeskanzleramt wurde am 2. Mai 2001 eröffnet; zuvor hatte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder vorübergehend im ehemaligen DDR-Staatsratsgebäude Quartier bezogen. Etwa parallel erfolgte der Umzug der Ministerien „in eigener Regie“. Die Ministerien bezogen in Berlin vorwiegend sanierte und teilweise erweiterte Altbauten, wie etwa das Auswärtige Amt am Werderschen Markt das ehemalige, 1940 eingeweihte Gebäude der NS-Reichsbank (in DDR-Zeiten Sitz zunächst des Finanzministeriums und seit 1959 der SED-Parteizentrale), 1996-1999 ergänzt durch einen repräsentativen Neubauwürfel. In ähnlicher Weise ging auch das Bundesministerium der Finanzen mit dem Bezug des sanierten ehemaligen Reichsluftfahrtministeriums im Kreuzungsbereich Wilhelmstraße/Leipziger Straße, erbaut 1935/36 (1949-1989 Haus der Ministerien der DDR) vor; das Bundesmnisterium der Justiz bezog renovierte Altbauen am Hausvogteiplatz.
Im Unterschied zur überwiegend dezentralen Lage der Bundesministerien kam es bei zahlreichen anderen Bundeseinrichrungen zu einer Konzentration von Neubau-Standorten nordwestlich vom Brandenburger Tor hin zum sog. Spreebogen. Diese Konzentration von Standorten zentraler Parlaments- und Regierungsbauten im Bereich von Reichstag und Spreebogen wird abgekürzt als neues Regierungsviertel (genauer: „Parlaments- und Regierungsviertel im Spreebogen“) bezeichnet. Damit wird ausgedrückt, dass es nicht mehr identisch ist mit dem alten, im 2. Weltkrieg zerstörten Regierungsviertel um die Wilhelstraße aus der Vorkriegszeit. Im Zentrum des neuen Parlaments- und Regierungsviertels stehen neben dem für den Bundestag umgebauten Reichstagsgebäude der gigantische Gebäudezug „Band des Bundes“ von 102 m Breite und rund 1,5 km Länge nach dem städtebaulichen Konzept der Berliner Architekten Axel Schultes und Charlotte Frank mit dem Bundeskanzleramt, dem Kanzlergarten und zwei der großen Parlaments-Gebäudekomplexe. Ihre ursprünglichen Bezeichnungen waren „Alsenblock“ und „Luisenblock“, heute tragen sie die Namen des sozialdemokratischen Politikers Paul Löbe (1875-1967) und der liberalen Politikerin Marie-Elisabeth Lüders (1878-1966). Zu diesen beiden Parlamentsbauten, dem „Paul-Löbe-Haus“ und dem „Marie-Elisabeth-Lüders-Haus“, kommt als weiterer und größter neuer Parlamentsbaukomplex das außerhalb des „Bandes“ gelegene und nach dem christdemokratischen Politiker Jakob Kaiser (1888-1961) benannte „Haus“ (in Wirklichkeit besteht es aus acht Häusern). Ebenso außerhalb des „Bandes“ liegt der am 26. Mai 2006 festlich eröffnete Hauptbahnhof als neuer Berliner Zentralbahnhof mit seinem Standort am Rande des Parlaments- und Regierungsviertels im Spreebogen. Insgesamt wurde in diesem Stadtraum der Großteil der über 10-Milliarden-Euro-Summen an „Umzugskosten“ verbaut. Allein der repräsentative Neubau des Bundeskanzleramtes (1997-2001) kostete 230 Mill. €; das Paul-Löbe-Haus 542 Mill. €, das Jakob-Kaiser-Haus 965 Mill. € und der Neubau des Hauptbahnhofs (1998-2006) sogar rund eine Milliarde € . Aber das neue Parlaments- und Regierungsviertel ist keine starre, sondern in ständiger Veränderung und Erweiterung befindliche Realität. Weitere neue Verwaltungsbauten entstehen, so wird das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus für 190 Mill. € zur Luisenstraße erweitert; für Nachbesserungen durch „Pfusch am Bau“ entstehen erhebliche Zusatzkosten. Schon mehren sich die Stimmen, endlich auch alle Ministerien von Bonn nach Berlin zu holen, mit entsprechenden Kosten, versteht sich.
Bei vielen dieser erwähnten und nicht erwähnten Ereignisse war auch meine kleine Kamera zur Stelle. Aus diesem „Rohmaterial“ entstand die eine oder andere Fotokarte…
Netter Blog, gefaellt mir sehr gut. Auch gute Themen.