Von wegen „traurig öd und leer“

Fast jeder kennt das schöne Winterlied, das mit den Zeilen beginnt:

„O wie ist es kalt geworden / Und so traurig öd und leer!“

Den Text und die Melodie schrieb 1835 August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874), dem übrigens die Texte von 555 Volks- und Kinderliedern (darunter „Alle Vögel sind schon da“, „Ein Männlein steht im Walde“, „Summ, summ, summ“, „Morgen kommt der Weihnachtsmann“) zugeschrieben werden, von denen er 80 selbst vertonte; sein bekanntestes Gedicht mit der Melodie von Joseph Haydn ist „Das Lied der Deutschen“, gedichtet 1841, deutsche Nationalhymne erstmals 1922.

Hoffmann von Fallerslebens Winterlied fiel mir heute früh ein, als ich, wie so oft, mit der Kamera „bewaffnet“ das Haus verließ. Erster Eindruck: Tatsächlich, es ist kalt geworden, der Winter hat doch noch Einzug gehalten. Aber je mehr ich mich bei meinem Morgenspaziergang den winterlichen Miniaturen näherte, ganz nah, versteht sich, die der Raureif über Nacht gezaubert hatte, um so mehr wurde Hoffmann von Fallerslebens schönes Winterlied in Frage gestellt: Kalt geworden ist es schon – aber „traurig öd und leer“?? Schauen wir mal, wie das wirklich aussieht! Es beginnt mit dem ersten Krokus, den ich in diesem Jahr vor die Kamera bekam und der schon mal nicht schlecht vom Raureif verkleidet worden war, wenn auch leider nur für anderthalb Stunden …

Und so ging es weiter. Was für einen Zauber hatte die Natur da wieder einmal ausgebreitet! Die kleinen roten Beeren des dornigen Berberitzenstrauches (deutsch Sauerdorn, Essigbeere, botanisch Berberis vulgaris), die schon seit vielen Jahren im Focus meiner Kamera stehen, schmückte der Raureif ebenso wie Wildrosen, diverse Blätter und „Rosenäpfel“. Selbst die ersten Weidenkätzchen sowie die winterharten „Lampionpflanzen“ (eigentlich Blasenkirschen, botanisch Physalis alkekengi)  hatten ein winterliches Festkleid bekommen. Also von wegen „traurig öd und leer!“

Über Herbert Schwenk

Jahrgang 1937; ehemaliger Lehrer und Gesellschaftswissenschaftler der DDR; heute Rentner
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