Ewig lockt der Spreewald

Das war eine Art Mini-Jubiläum: Der Zufall wollte es, dass ich gestern dieselbe Spreewald-Radtour genau an dem Tag unternahm, an dem ich sie auch vor fünf Jahren gefahren war. Wer glaubt, dass das langweilig ist, der kennt den Spreewald nicht! Wir sind unzählige Male gleiche oder ähnliche Touren gefahren, und jedesmal gibt es Neues und Überraschendes. Darum gilt für mich: Ewig lockt der Spreewald! Start war auch diesmal Lübben, wo wir einst längere Zeit gewohnt hatten. Nach kurzen Stadtaufenthalten geht es meist bei unseren Radtouren um die Mittagszeit weiter in Richtung innerer Spreewald über Lübbenau ins idyllische Leipe als Scheitelpunkt der Tour. Die ersten Fotos machen deutlich, wie tief bereits mittags um die Mitte Oktober die Sonne steht und den bunten Herbstzauber voll in Szene setzt. Im Spreewald macht das Radfahren richtig Spaß: tischebenes Gelände und meist gut ausgebaute Radwege, von denen der „Gurkenradweg“ der bekannteste ist. Rechts und links der Wege die herrliche Präsentation des rund 480 Quadratkilometer großen „Biosphärenreservats Spreewald“, das seit September 1990 besteht und am 6. März 1991 in die Liste der UNESCO aufgenommen wurde. Dort leben etwa 50 000 Menschen in 37 Dörfern und zwei Städten – der Spreewaldkahn ist eines ihrer markanten Zeichen. Überall begegnet man bei der Radtour durch die Spreewald-Auenlandschaft den einmaligen Hinterlassenschaften der letzten Eiszeit vor etwa 20 000 Jahren. Vor allem sind das die insgesamt rund 970 Kilometer Fließe, die den Spreewald durchziehen. Zentrales Gewässer des großen „Binnendeltas Spreewald“ ist die Hauptspree. Zahlreiche Gräben und Kanäle (wie der „Nordumfluter“, der nördlich von Lübben bei Lehnigksberg – erstes Foto – in die Hauptspree mündet) sowie Deiche dienen dem Hochwasserschutz. Auf einigen Fotos erkennt man umgestürzte Bäume, die liegen bleiben – Ausdruck der Urwüchsigkeit dieser einzigartigen Landschaft.

Ein besonders schönes Stück des Radweges ist der etwa sechs Kilometer lange Leiper Weg, der Lübbenau mit dem Spreewalddorf Leipe verbindet. Der Weg ist fast schnurgerade wie eine ostpreußische Allee. Er wird flankiert von meist hohen Birken und Erlen und begleitet von einem der vielen Gräben: dem Leiper Wegegraben.

Obwohl die Abendsonne schon dicht über dem Horiront stand, der Abend sich schon über den Leiper Weg und den Leiper Wegegraben gesenkt hatte und mein Fahrrad bereits mit „Standlicht“ parkte, darf ich eins nicht unerwähnt lassen. Bereits auf dem Weg nach Lübbenau erlebte ich bei einem kleinen Abstecher einen Mini-Rastplatz von Kranichen! In Brandenburg legen jährlich etwa 120 000 Kraniche auf dem Weg in ihre südeuropäischen Winterquartiere einen Zwischenstopp ein; es werden vier Haupt-Rastplätze aufgeführt, allen voran Linum im Rhinluch; als „Nummer 4“ rangiert das „Heinz Sielmann Naturparkzentrum“ Wannichen am Schlabendorfer See, etwa 10 Kilometer südöstlich von Luckau am Rande des Spreewaldes. Ob die Kraniche, die ich gestern aus größerer Entfernung sah und fotografierte, nur einen Zwischenaufenthalt bei Lübbenau machten, um von dort weiter in das Naturparkzentrum Wannichen zu fliegen und sich dort zu sammeln, weiß ich nicht. Jedenfalls war auch dieses kleine Kranich-Schauspiel einfach grandios – ein echtes Highlight meiner gestrigen Radtour!

Über Herbert Schwenk

Jahrgang 1937; ehemaliger Lehrer und Gesellschaftswissenschaftler der DDR; heute Rentner
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