„Raum für alle hat die Erde“

Friedrich Schiller hat in seiner Ballade „Der Alpenjäger“ vor über 200 Jahren (1804) eine erstaunlich aktuelle Aussage getr0ffen: Als ein übermütiger Knabe aus purer Jagdlust eine wilde „Gazelle“ in der Alpenregion erlegen will, läßt Schiller einen „Geist, der Bergesalte„, dem Jungen mit dem „Todesbogen“ zurufen: „Mußt du Tod und Jammer senden“ und den inhaltsschweren Satz verkünden: „Raum für alle hat die Erde„. Das ist eine erstaunlich starke und vieldeutige Aussage – man möchte fast ein Buch oder eine ausführlichere Abhandlung dazu schreiben. Schiller hatte den Bezug zum Erlegen von Wild aus Übermut und Lust am Jagen und Töten vor Augen – und kritisiert das. Aber ich bin mir sicher, dass er nicht nur wegen seiner einenGazelle“ von einem „Raum für alle [auf der] Erde“ sprach. Im übertragenen Sinne berührt Schillers große Aussage vom „Raum für alle auf der Erde“, als einst die Weltbevölkerung erst rund eine Milliarde Menschen umfasste (um 1800) und noch keine weltweit 103 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg und Not waren (Ende 2021), direkt die großen Menschheitsfragen der Gegenwart. Für mich ist Friedrich Schillers Aussage von 1804 ein Hoffnungssignal auch für die Gegenwart und Zukunft.

Ein Vergleich von Natur und Gesellschaft, von Pflanzen und Tieren mit Menschen, ihrem Verhalten und Zusammenleben usw. ist immer problematisch. Dennoch gibt es Parallelen, Nachdenkliches und Überraschendes. Eine solche Parallele ging mir in den letzten Tagen durch den Kopf, als ich einige Fluginsekten in ihrem Kampf gegen Hitze und Dürre mit der Kamera beobachtete – und feststellen mußte: Friedrich SchillersRaum für alle hat die Erde“ ist noch immer lebendig …

Über Herbert Schwenk

Jahrgang 1937; ehemaliger Lehrer und Gesellschaftswissenschaftler der DDR; heute Rentner
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