Es geht ums Überleben!

Weißer See, heute Mittag. Ein herrlicher Anblick: Sonnenschein, der See wie gemalt im weißen Festkleid, ein paar Schlittschuhläufer, Spaziergänger und Eisangler nutzen die Gunst der Stunde. Aber o weh! Der See ist fast zugefroren: Nur noch ein kleines eisfreies „Loch“ von schätzungsweise weniger als fünf Prozent der gesamten Seefläche ist verblieben. Dort drängen sich nun die weit über hundert Wasservögel, die Enten, die Blesshühner und unsere beiden Schwäne…

Und an dieser kleinen, noch vorhandenen offenen Wasserstelle geht es höchst dramatisch zu. Wenn vereinzelte Vorübergehende die Wasservögel füttern, entbrennt ein turbulenter Kampf um die Brotbrocken: ein Riesengerangel und wildes Geplätscher, Flugakrobatik und Positionskämpfe. Was Kamera und menschliches Auge als schönes Schauspiel wahrnehmen, ist natürlich harter Existenzkampf, eine bittere Notlage der Tiere bei dem anhaltend klirrenden Frost…

Die Schwäne halten sich einige Meter abseits am Rand des Eises auf. Sie nehmen an dem wilden Kampf um das Futter nicht teil. Es scheint, als erkennen sie (noch?) nicht die bedrohliche Situation. Ich gehe mal von der optimistischen Option aus und unterstelle Erfolg in ihrem Kampf ums Überleben…

Nachtrag einen Tag später, 9. Februar 2012

Wetterwechsel: Statt Sonnenschein und strengem Frost heute Bewölkung mit gelegentlichem Schneefall und mäßigerem Frost. Die Szenerie am Weißen See ist jedoch unverändert, die Situation unter den Wasservögeln eher noch angespannter, hektischer. Die Zahl der Passanten, die die hungernden Tiere füttern, ist heute noch geringer. Nur unser Schwanenpaar behält die Ruhe – teils gründelnd zieht es nahe dem Ufer in der engen Wasserstelle auf und ab…

Über Herbert Schwenk

Jahrgang 1937; ehemaliger Lehrer und Gesellschaftswissenschaftler der DDR; heute Rentner
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2 Antworten zu Es geht ums Überleben!

  1. venaliso sagt:

    Hallo Herr Schwenk, Vielen Dank für Ihren Bericht und natürlich für tolle Bilder.
    Tja, es ist eben so, ein wahrer Tierfrend kommt zu den Tieren, wenn sie in Not sind. Schön wäre es mit dem ganzen Futterangebot incl. Brot JETZT und nicht im Sommer!
    Aber es gibt Stellen in Berlin, wo es den Wasservögeln noch schlimmer geht. Z.B. am Hafen Treptow, da die Schwäne dort nicht mehr gründeln können. In diesem Winter ist die eisfreie Fläche unter der Eisenbahnbrücke, wo es am Betonufer schon sehr tief ist. Ich war gestern mit viel Futter dort, aber davon bekamen die Schwäne wenig ab. Die Hunderten von Blessrallen schnappten alles weg. Die Schwäne sind zu langsam. Die geschwächten Jungschwäne konnten gar nicht mehr durch die Masse der Blessrallen durchdringen. Ich war in der Situation verzweifelt. Ein Jungschwan im zweiten Jahr, also schon weiß, aber noch mit rosa-Schnabel war sehr schwach, so dass ich befürchte, dass ich ihn morgen nicht mehr sehen werde.
    Bis heute gibt es in den Zeitungen keinen Aufruf an die Bürger, den Wasservögeln zu helfen.
    Ich muss immer wieder an zwei Jungschwäne vom Weißen See denken, die sehr verletzt waren. Wo sind sie jetzt? Ob sie ihren ersten harten Winter überleben? Hoffentlich.
    Gruß. Venaliso.

    • Herbert Schwenk sagt:

      Hallo Frau Venaliso, danke für Ihren Kommentar.
      Wir sind uns einig in der Sorge um das Überleben der Wasservögel bei dem plötzlichen Kälteeinbruch. Mich beschäftigt auch die Frage nach einer wirksamen Hilfe, bin mir aber nicht sicher, ob das allein über Appelle an engagierte Bürger zustande kommt – wenn ich mir die Unmasse a l l e r hungernden Wasservögel allein am Weißen See vor Augen halte. Es hat den Anschein, als würden die beiden Schwäne dort nicht von der großen Masse an Enten und Blesshühnern benachteiligt: Sie halten sich oft etwas separat auf und bekommen meist „gesteuert“ ihren Teil von den Gelegenheitsfütterungen ab.
      Über das weitere „Schicksal“ der Weißenseee Siebenlinge anno 2011 werden wir nie mehr etwas erfahren. So ist eben die Natur: Sie kennt kein Erbarmen…
      Mit Gruß
      Herbert Schwenk

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